Brunnenausbau

Ein Brunnen soll bei wirtschaftlich vertretbaren Gestehungskosten und einer möglichst langen Lebensdauer eine hohe Leistung erbringen. Dabei sind für die Planung des Brunnenausbaus hydrogeologische und brunnenbautechnische Parameter zu berücksichtigen (DIN 4922, 4924, 4928, 4929, 18302), die im einzelnen erläutert werden (siehe auch Abb. 1).

Filterrohrdurchmesser, dF

Der Filterrohrdurchmesser wird entsprechend der zulässigen Eintrittsgeschwindigkeit vf berechnet.

d F = Q π ( H s ) v f

wobei vf gerade so hoch ist, dass eine laminare Strömung gewährleistet ist.

v f = Re k ν d i = 6 1,31 10 6 d i    m s
Re:Reynold’sche Zahl
di:Korndurchmesser der inneren Kiesschüttung
ν: kinematische Viskosität [m2/s]

Der Übergang vom laminaren zum turbulenten Fließen wird durch die kritische Reynold’sche Zahl Rek = 6 festgelegt. Für eine mittlere Temperatur von 10 °C ist die kinematische Viskosität ν = 1,31·10 m2/s. Die einzige wirklich veränderliche Größe ist die Korngröße der inneren Kiesschüttung.

Die innere Kiesschüttung ist die Kiespackung, die unmittelbar am Filterrohr anliegt. In ungleichförmigen Kiesen wird meist eine doppelte Kiesschüttung eingebaut, wobei die gröbere Schüttung am Filterrohr und die feinkörnigere an der Bohrlochwand anliegt.

Darüber hinaus müssen weitere Kriterien berücksichtigt werden: Es muss ein Mindestdurchmesser für die Pumpe und die Messeinrichtungen eingehalten werden:

d F     Pumpe + 100  mm

Abb. 1: Brunnenhauptabmessungen.

Außerdem muss der Filterrohrdurchmesser so gewählt werden, dass zwischen Filterrohr und Bohrung ein ausreichender Ringraum zur Aufnahme einer Filterkiesschüttung zu Verfügung steht: Für einen Korndurchmesser bis 8 mm beträgt die Mindestschichtdicke 80 mm und für einen größeren Korndurchmesser mindestens 100 mm.

Filterlänge, LF

Bei einem ungespannten Aquifer wird nur der wassererfüllte Teil des Aquifers verfiltert. Darüber hinaus muss ein Sicherheitsabstand von 2 m unter niedrigstem abgesenkten Grundwasserstand (NGW) eingehalten werden.

Der gespannte Aquifer wird in der Regel vollkommen verfiltert, wobei der Abstand zwischen Filteroberkante und Basis der Hangendschicht maximal 1 m beträgt. Die Filterunterkante sollte bei eigenbewirtschafteten Brunnen (mit Unterwasserpumpe) bis mindestens 0,5 m über Aquiferbasis reichen.

Offene Filterfläche,  AF

Die offene Filterfläche AF wird anhand der Kontinuitätsbedingung berechnet. Die maximale, kritische Eintrittsgeschwindigkeit in das Filterrrohr wird vkrit = 0,03 m/s gesetzt (Clark & Turner 1981). Diese Geschwindigkeit ist gerade so hoch, dass ein Mitreißen von Sandkörnern verhindert wird.

A F = Q v krit = Q 0,03    m 2

Wichtig ist eine gleichmäßige Geschwindigkeitsverteilung entlang der Filterstrecke, um biologische und chemische Verockerungs- und Versinterungserscheinungen zu reduzieren und somit die Lebensdauer des Brunnens zu verlängern.

Filterkieskörnung, da, di

Der Filterkies soll einerseits möglichst feinkörnig sein, um ein Versanden des Brunnens zu verhindern und andererseits möglichst grobkörnig, damit Druckverluste des Grundwassers minimiert werden. Im Festgestein wird der Filterkies vor allem als Stützkörper zwischen Bohrlochwand und Filterrohr eingebaut.

Maßgebend für den Durchmesser der Filterkieskörnung ist der Kennkorndurchmesser dk des Aquifers. Der Kennkorndurchmesser wird am Schnittpunkt von Sieblinie und Kennkornlinie (Bieske et al. 1998) oder bei 75 % Summendurchgang (Truelsen-Schneider) abgelesen (Abb. 2). Beispielsweise für Sieblinie 4 ist dk = 1,9 mm (anhand der Kennkornlinie) oder dk = 2,05 mm (anhand des 75 % Summendurchgangs).

Abb. 2: Bestimmung des Kennkorndurchmessers dk.

Um eine geeignete Abstufung zu erreichen, sollte der Korndurchmesser der äußeren Kiesschüttung da ein um ein Vielfaches größer sein als der Durchmesser des Kennkorns dk.

d a = d k f   mm

Der Faktor f wird als Filterfaktor bezeichnet und beträgt je nach Lagerung

Dichteste Lagerung:f = 6,5
Lockerste Lagerung:f = 2,5

In der Praxis wird mit dem Mittelwert f = 4,5 gerechnet, wobei der Ungleichförmigkeitsgrad U ≤ 5 sein sollte. Dies ist bei allen Sanden der Fall. Bei kiesigen Aquiferen wird der Kornanteil > > 10 mm vorher abgesiebt, so dass auch in diesem Fall das Kriterium eingehalten wird.

Für den ermittelten Korndurchmesser der Kiesschüttung wird in Tab. 1 ein Bereich gewählt, zum Beispiel für da = 3 mm der Bereich 2 – 3,15 mm. Die zugehörige innere Kiesschüttung di wird für ein zweites Kreuz ⨯ abgelesen, allgemein zwei Abstufungen höher. Beispielsweise wird für die äußere Kiesschüttung von 2 – 3,15 mm eine innere Kiesschüttung von 8 – 16 mm abgelesen.

Tab. 1: Filterkieskörnungen nach DIN 4924.

Schlitzweite, sw

Die Schlitzweite sw des Filterrohres wird anhand der Korngröße der inneren Kiesschüttung di berechnet:

s w = d i 0,5

Aus hydraulischen Gründen sollte die Schlitzweite des Filterrohres immer so groß gewählt werden, dass die Druckverluste am Filterrohr und die Zutrittsgeschwindigkeit des Grundwassers minimiert werden.

Für die erforderliche Schlitzweite (bzw. Brückenhöhe bei Schlitzbrückenfiltern), Wandstärke, Filterlänge und Filterrohrdurchmesser wird in Tab. 2 ein entsprechender Filter gewählt. Die Wandstärke wird hier abgeschätzt. Der Filterrohrdurchmesser wird in DN angegeben, wobei beispielsweise DN 200 gleich 200 mm Innenrohrdurchmesser sind.

Tab. 2: Freier Durchlass bei Schlitzbrückenfilter nach DIN 4922 in [cm2/m] (übernommen aus Unterlagen der Fa. STÜWA).

Bohrteufe, TB

Die Bohrteufe kann nicht allgemeingültig quantifiziert werden. Sie ist durch die geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse und durch die geforderten Entnahmemengen, Grundwasserqualität und das wirtschaftlich vertretbare Bohrverfahren vorgegeben.

Bohrdurchmesser, dB

Der Bohr- bzw. Brunnendurchmesser lässt sich für Brunnen im Lockergestein mit dem Verfahren von Truelsen (1948) abschätzen:

d B = 0,28 Q π ( H s ) d 10    m
h:wassererfüllte Mächtigkeit (H-s) bei maximaler Absenkung
d10:wirksamer Korndurchmesser in  Meter
Q:maximale Entnahmemenge

Dieser Wert wird gerundet, so dass entsprechend den technischen Erfordernissen in Tab. 3 ein geeigneter Bohrdurchmesser gewählt werden kann.

Tab. 3: Auswahl von geeigneten Bohrdurchmessern für verrohrte Drehbohrverfahren.

Um eine Reinigung des Bohrloches und des Filterkieses zu gewährleisten, werden in der Praxis Kiespackungsmächtigkeiten von maximal 300 mm realisiert, die bei der Ermittlung des geeigneten Bohrlochdurchmessers berücksichtigt werden müssen.

 

Beispiel 1: Schlitzfilter, Kiesschüttung und Bohrdurchmesser

Für einen Vertikalfilterbrunnen soll die optimale Verfilterung ermittelt werden. Dabei sind unterschiedliche Entnahmeraten zu berücksichtigen. Das Korngrößenspektrum des Aquifers ist Sieblinie 1 (Abb. 2) zu entnehmen. Folgende Parameter sollen bestimmt werden:

Gegegeben:H = 12,0 m
Q1 =    25,0 m3/h mit s1 = 1,0 m (4-Zoll-Pumpe)
Q2 =    75,0 m3/h mit s2 = 1,5 m (6-Zoll-Pumpe)
Q3 =  100,0 m3/h mit s3 = 2,0 m (8-Zoll-Pumpe)
Gesucht:Filterrohrdurchmesser, d
Maximale Filterlängen, LF, berücksichtigen Sie eine weitere Absenkung bei niedrigen Wasserständen (NGW) um 2 m.
Offene Filterfläche AF und Schlitzbrückenfilter aus Tab. 2.
Bohrlochdurchmesser, dB und geeigneter Bohrdurchmesser (Tab. 3).
Korndurchmesser für eine einfache und doppelte Kiesschüttung.
Erforderliche Schichtdicke der Kiesschüttung.
Vergleich Sie den Bohr- und den Filterrohrdurchmesser.

Filterrohrdurchmesser

Der Kennkorndurchmessers dk des Aquifers wird bei 75 % Summendurchgang abgelesen und beträgt dk = 0,63 mm. Für einen mittleren Filterfaktor von f = 4,5 beträgt der Durchmesser der äußeren Kiesschüttung (bei einfacher Abstufung)

d a = d k f = 0,63 4,5 = 2,84  mm

Die maximal zulässige Eintrittsgeschwindigkeit vf des Grundwassers für eine mittlere Temperatur von 10 °C ist

v f = Re k ν d a = 6 1,31 10 6 2,84 10 3 = 2,767 10 3 m s

mit der sich die mindestens erforderlichen Filterrohrdurchmesser dF berechnen lassen:

d F 1 = Q 1 π ( H s 1 ) v f = 0,00694 π ( 12,0 1,0 ) 2,767 10 3 = 89  mm d F 2 = Q 2 π ( H s 2 ) v f = 0,0208 π ( 12,0 1,0 ) 2,767 10 3 = 228  mm d F 3 = Q 3 π ( H s 3 ) v f = 0,0278 π ( 12,0 1,0 ) 2,767 10 3 = 319  mm

Zusätzlich muss der Mindestdurchmesser für Pumpe und Messeinrichtungen berücksichtigt werden, so dass folgende gerundete Filterrohrdurchmesser ermittelt werden (Tab. 3):

Für Q1 (4-Zoll-Pumpe: ∅ = 4·2,54 cm = 10,16 cm):  DF1 DIN  =  DN 200.
Für Q2 (6-Zoll-Pumpe: ∅ = 6·2,54 cm = 15,24 cm):  DF2 DIN  =  DN 300.
Für Q3 (8-Zoll-Pumpe: ∅ = 8·2,54 cm = 22,32 cm):  DF3 DIN  =  DN 400.

Filterlängen

L F 1 = H s 1 2 = 9,0  m L F 2 = H s 2 2 = 8,5  m L F 3 = H s 2 2 = 8,0  m

Offene Filterflächen

Für eine maximale Filtereintrittsgeschwindigkeit von

v krit = 0,03 m s

bei der ein Mitreißen von Sand ausgeschlossen werden kann, ergeben sich folgende offene Filterflächen pro laufendem Meter:

A F 1 = Q 1 v krit = 0,0069 0,03 = 0,23 m 2 A F 1 L F 1 = 0,23 9,0 = 256 cm 2 m A F 2 = Q 1 v krit = 0,0208 0,03 = 0,69 m 2 A F 2 L F 2 = 0,69 8,5 = 812 cm 2 m A F 3 = Q 3 v krit = 0,0278 0,03 = 0,93 m 2 A F 3 L F 3 = 0,93 8,0 = 1,163 cm 2 m

Bei der Wahl von Schlitzbrückenfiltern wird entsprechend dem Angebot (Tab. 2) ein Schlitzfilter gewählt. Gegebenenfalls wird ein Schlitzfilter mit einer größeren offenen Filterfläche verwendet:

  256 cm2/m : DN 200     576 cm2/m : sw = 1,0 mm, Wandstärke 3 mm
  812 cm2/m : DN 300     801 cm2/m : sw = 1,0 mm, Wandstärke 4 mm
1.163 cm2/m : DN 400   1.481 cm2/m : sw = 2,0 mm, Wandstärke 5 mm

Die Berechnung zeigt, dass es auch ausreichen würde, nur die halbe Mächtigkeit des Aquifers zu verfiltern. In der Praxis wird dennoch die gesamte durchströmende Aquifermächtigkeit verfiltert, um den Verlust verstopfter Filterschlitze, z. B. durch Kolmation und Verockerungs- bzw. Versinterungsprozesse zu begegnen. Daher wird auch die berechnete offene Filterfläche AF bei kleinen Nennweiten mit dem Faktor 2 bis 2,5 multipliziert.

Bohrlochdurchmesser

Für Sieblinie 1 wird ein wirksamer Korndurchmesser von d10 = 0,11 mm abgelesen. Mit diesem Wert kann der Bohrdurchmesser abgeschätzt werden:

d B 1 = 0,28 Q 1 π ( 12,0 1,0 ) 0,11 10 3 =    511  mm      DN 600 d B 2 = 0,28 Q 1 π ( 12,0 1,0 ) 0,11 10 3 = 1,610  mm  DN 1600 d B 3 = 0,28 Q 1 π ( 12,0 1,0 ) 0,11 10 3 = 2.253  mm  DN 2000

Korndurchmesser der Kiesschüttung

Die wirksame Korngröße für die äußere Kiesschüttung wurde bereits oben mit da = 2,84 mm ermittelt, so dass der Korngrößenbereich von 2,00 – 3,15 gewählt wird (Tab. 1).

Bei einer doppelten Kiesschüttung wird für die äußere Schüttung die gleiche Korngröße wie für eine einfache Kiesschüttung gewählt. Der Korndurchmesser für die innere Schüttung ist um zwei Abstufungen (bei Filterfaktoren von 4 bis 4,5) größer und beträgt demnach 8 – 16 mm (Tab. 1).

Schichtdicke des Ringraumes

Für eine Korngröße bis 8 mm wird eine Schichtdicke von mindestens 80 mm vorgeschrieben und für eine größere Korngröße eine Dicke von 100 mm. Demnach beträgt die äußere Schichtdicke 80 mm und die innere Schichtdicke 100 mm.

Vergleich des Bohr- und Filterrohrdurchmessers

In Tab. 4 sind die berechneten Bohr- und Filterdurchmesser gegenübergestellt. Die Schichtdicke für die Kiesschüttung ergibt sich aus der Differenz zwischen Bohr- und Filterrohrdurchmesser: (dB – dF) / 2

Tab. 4: Vergleich des Bohr- und Filterrohrdurchmessers.

Die erforderlichen Mindestschichtdicken werden außer im Fall Q1 eingehalten. Für den Fall Q1 ist ein Bohrenddurchmesser von DN 600 vorzusehen. Für die Fälle Q2 und Q3 ergibt sich eine Überdimensionierung bei der Berechnung des Bohrdurchmessers, die in der empirischen Beziehung nach Truelsen begründet ist.

 

Beispiel 2: Ausbau des Brunnens

Zeichnen Sie das Profil für den Filterbereich und die Filterrohre mit Kiesschüttungs- und Schlitzweitenangaben.

Bestimmen Sie die Kennkorndurchmesser dk für die Sieblinien 1-4 und ermitteln Sie die erforderliche Kiesschüttung.

Bestimmen Sie die Schlitzweite der Filterrohre für die einzelnen Sieblinien bei einfacher Kiesschüttung.

Erstellen Sie eine Zeichnung mit Lithologie (Tab. 5 und Abb. 2) und dem ausgebauten Brunnen.

Tab. 5: Vergleich des Bohr- und Filterrohrdurchmessers.

Kennkorndurchmesser und Kiesschüttung

Der Kennkorndurchmesser dk für die Sieblinien 1-4 wurden sowohl beim 75 % Summendurchgang abgelesen als auch beim Schnittpunkt mit der Kennkornlinie. Die gewählten Kiesschüttungen sind in Tab. 6 zusammengefasst.

Tab. 6: Kiesschüttungen.

Schlitzweite

Die Schlitzweiten werden anhand der Beziehung  sw = 0,5 · di abgeschätzt. Die Schlit­z­weit­en für eine einfache Kiesschüttung sind in Tab. 7 zusammengefasst.

Tab. 7: Schlitzweiten.

Ausbau

Der Ausbau des Filterbereiches ist in Abb. 3 dargestellt. Bei der Planung der Filterkiesschüttung und der Rohrfolge bei Filterrohren mit verschiedenen Schlitzweiten (teufendifferenzierter Ausbau) ist eine entsprechende Überlappung zwischen den feinkörnigeren und grobkörnigeren Bohrlochabschnitten zu beachten.

Abb. 3: Ausbauplan für den Filterbereich der Brunnenbohrung.