Brunnenleistung

Für die Planung eines Brunnens muss die „optimale Entnahmemenge“ emittelt werden, mit der ein Brunnen gerade ausgelastet ist. Eine Erhöhung würde eine turbulente Strömung verursachen mit den Folgeerscheinungen wie Reibungsverluste, Verockerung und Kolmation.

Das hier erläuterte Verfahren basiert auf einem Gleichgewichtszustand zwischen Fassungsvermögen und Wasserandrang.

Fassungsvermögen, Q

Das Fassungsvermögen ist das Produkt aus der Filtermantelfläche und der Eintrittsgeschwindigkeit des Grundwassers. Während die Filtermantelfläche einfach berechnet werden kann (Zylinderformel: 2πrh), kann die maximale Eintrittsgeschwindigkeit nur empirisch abgeschätzt werden.

Ungespannter Aquifer    Q F = d B π H v max
Gespannter Aquifer Q F = d B π M v max

Nach Sichardt beträgt die maximale Zutrittsgeschwindigkeit des Grundwassers aus dem Aquifer

v max = k f 15

Die maximale Eintrittsgeschwindigkeit vmax setzt einen maximalen Gradient voraus. Bei der praktischen Brunnendimensionierung wird bei geringmächtigen Aquiferen der Ansatz nach Huisman angewendet, bei dem der empirische Faktor von Sichardt so erhöht wird, dass geschwindigkeitsbedingte Druckverluste ausgeschlossen werden können:

v max = k f 30

Das Fassungsvermögen ist bei gespannten Aquiferen eine Konstante. Dagegen nimmt bei ungespannten Aquiferen das Fassungsvermögen mit zunehmender Absenkung ab.

Wasserandrang, Qa

Der Wasserandrang ist der Volumenstrom zum Brunnen. Die Berechnung erfolgt anhand derjenigen Modellfunktionen, die auch bei der Auswertung von Pumpversuchen verwendet werden, wobei die Entnahmemenge Q gleich dem Wasserandrang Qa gesetzt wird. Im folgenden wird die Näherungslösung von Dupuit-Thiem für ungespannte und gespannte Aquifere verwendet.

Ungespannter Aquifer    Q a = p k f H 2 h 2 ln ( R / r )    m 3 s
Gespannter Aquifer Q a = 2 p M k f H h ln ( R / r )    m 3 s

Reichweite

Der unsicherste Parameter ist die Reichweite, die nur abgeschätzt werden kann und deren Sensitivität anhand von Parameterstudien untersucht werden muss. Es handelt sich letztendlich um einen Summenparameter, der neben der Durchlässigkeit und Absenkung von den Zuflussmengen abhängt, die kaum quantifiziert werden können.

Die Reichweite kann grob nach Sichardt abgeschätzt werden,

R = F SICHARDT s k f

wobei der Faktor FSichardt = 3000 gesetzt wird. Wenn die Reichweite bekannt ist (Pumpversuche, Gleichenpläne), kann FSichardt kalibriert werden,

F SICHARDT = R s k f

so dass für eine gesamte Region die Reichweite praxisnah ermittelt werden kann.

Optimale Brunnenleistung, Qopt

Die Parameter QF und Qa werden in Abhängigkeit der Absenkung ermittelt, wobei mit zunehmender Absenkung QF abnimmt (ungespannt), bzw. konstant bleibt (gespannt) und Qa zunimmt. Die günstigste Brunnenleistung Qopt ist gegeben, wenn das Fassungvermögen gleich dem Wasserandrang ist:

Q a = Q F

Für eine konstante Reichweite kann Qopt direkt berechnet werden. Hier wird dagegen die Reichweite in Abhängigkeit der Absenkung bestimmt und in die Gleichung eingesetzt, so dass eine direkte Lösung nicht möglich ist. Es liegt die gleiche Problematik vor wie im Kapitel „Stationär“ . In beiden Fällen können sowohl iterative als auch graphische Verfahren angewendet werden. im Kapitel „Stationär“ wurde eine iterative Lösung erläutert - in diesem Kapitel wird das graphische Verfahren vorgestellt:

QF und Qa wird für verschiedene Absenkungen s berechnet und graphisch  als s→QF und s→Qa in eine gemeinsame Abbildung aufgetragen. Für den Schnittpunkt wird Qopt(s) abgelesen (Abb. 1).

Abb. 1: Ermittlung der günstigsten Brunnenleistung  Qopt (hier H = 10 m).

 

Beispiel

In einem pleistozänen ungespannten Aquifer ist ein Vertikalfilterbrunnen geplant, der ca. 400 - 450 m3/h Grundwasser fördern soll. Für die Aufnahme der beiden Unterwasserpumpen ist nach technischen Maßgaben ein Brunnenrohr DN 800 geplant. Der Bohrdurchmesser soll DN 1300 betragen. Alternativ soll auch ein Bohrdurchmesser DN 1450 berücksichtigt werden. Es wird die günstigste Brunnenleistung bestimmt:

Gegegeben:kf = 2·10-3 m/s
H = 15,0 m
Gesucht:Bestimmen Sie für die technischen Maßgaben (DN 1300) den effektiven Brunnenradius re, indem Sie den Bohr- und Filterradius mitteln.
Berechnen Sie die Reichweite nach Sichardt.
Berechnen Sie für verschiedene vorgegebene Absenkungsbeträge s1, s2, s3 … sn (z.B. 3,0 m; 3,5 m; 4,0 m) das Fassungsvermögen QF und den Wasserrandrang Qa für die beiden Bohrdurchmesser.
Tragen sie Qa(s) und QF(s) graphisch auf und lesen Sie Qopt ab. Berechnen Sie Qopt auch für konstant vorgegebene Reichweiten: R1 = 500 m, R2 = 1000 m und R3 = 1500 m.
Wie  wirkt sich die Vergrößerung des Bohrdurchmessers auf den Betriebspunkt aus? Wie beeinflusst die Reichweite den Betriebspunkt.

Wirksamer Brunnenradius re

r e 1 = r B 1 + r F 2 = 1.300 2 + 800 2 2 = 525,0  mm r e 2 = r B 2 + r F 2 = 1.450 2 + 800 2 2 = 562,5  mm

Berechnung der Reichweite nach Sichardt

Die Reichweite wird näherungsweise nach Sichardt abgeschätzt.

R = F SICHARDT s k f

wobei der Faktor FSichardt = 3000 gesetzt wird:

s 1 = 3,0  m  R 1 = 402,5  m s 1 = 3,5  m  R 1 = 469,5  m

Fassungsvermögen QF und Wasserandrang Qa

Es werden nach den Bohrergebnissen die Formeln für ungespannte Verhältnisse angesetzt.

Für s1 = 3 m ist und dB = 1,3 m ist das Fassungsvermögen QF

Q F 1 = d B π H k f 15 = 1,3 π ( 15 3 ) 2 10 3 15 = 0,146 10 3 m 3 s

Für die übrigen Absenkungen und Bohrenddurchmesser ergeben sich folgende Fassungsvermögen:

dB1  = 1,3 mdB2  = 1,45 m
s1 = 3,0 mQF1 = 146 ℓ/sQF1 = 163 ℓ/s
s2 = 3,5 mQF2 = 140 ℓ/sQF2 = 156 ℓ/s

Für s1 = 3 m ist und dB = 1,3 m ist der Wasserandrang Qa

Q a = π k f H 2 h 2 ln  R r = π 2 10 3 15 2 12 2 ln  402,5 0,525 = 7,66 10 2 m 3 s

Für die übrigen Absenkungen und Bohrenddurchmesser ergeben sich folgende Werte für den Wasserandrang:

dB1  = 1,3 mdB2  = 1,45 m
s1 = 3,0 mQa1 =  77 ℓ/sQa1 = 77 ℓ/s
s2 = 3,5 mQa2 =  86 ℓ/sQa2 = 86 ℓ/s

Günstigster Betriebspunkt des Brunnens

Die gegenläufigen Kurven des Wasserandranges und des Fassungsvermögens wurden für die Bohrenddurchmesser DB1 und DB2 in der Abb. 2: Ermittlung von Qopt durch Schnittpunktbestimmung von Qa(s) und QF(s). Variation des Bohrdurchmessers: links,rechts - Variation der Reichweiten: oben bis unten.) aufgetragen. Der jeweilige günstigste Betriebspunkt ist in Tab. 1 zusammengefasst.

Tab. 1: Optimale Entnahmemenge für unterschiedliche Reichweiten..

Variation der Vorgaben

Berechnung der Reichweiten nach Sichardt: Durch die Vergrößerung des Bohrdurchmessers von 1300 mm auf 1450 mm wird eine Steigerung von Qopt um 7 ℓ/s bei einer gleichzeitigen Vergrößerung der Absenkung um ca. 0,45 m erreicht. Variation der Reichweiten: Der Einfluss der vorgegebenen Reichweiten ist sehr gering. Die berechneten optimalen Entnahmemengen variieren um rund 10 %.

Abb. 2: Ermittlung von Qopt durch Schnittpunktbestimmung von Qa(s) und QF(s). Variation des Bohrdurchmessers: links,rechts - Variation der Reichweiten: oben bis unten.