Grundwasserhöhe (Bernoulli 1726)

Die Gleichung von Bernoulli ist die Energiegleichung der Hydromechanik. Sie liefert einen Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit, Positionshöhe und Druck. Sie besagt, dass entlang einer Bahnlinie die Summe aus kinetischer Energie (Bewegungsenergie), potentieller Energie (Lageenergie) und hydrostatischer Energie konstant ist. Die mechanische Energie einer reibungsfrei strömenden, inkompressiblen Flüssigkeit setzt sich aus drei Komponenten zusammen:

Kinetische Energie:

E kin = 1 2 m v 2 &Emsp;  kg m 2 s 2

Potentielle Energie:

E pot = m g h    kg m 2 s 2

Hydrostatische Energie:

E hyd = p V    kg m 2 s 2
v:Fließgeschwindigkeit
m:Masse der Flüssigkeit
g:Erdbeschleunigung (9,81 m/s2)
z:Positionshöhe
p:hydrostatischer Druck
V:Flüssigkeitsvolumen

Die Summe dieser Energien innerhalb einer Stromlinie ist konstant.

E = 1 2 mv 2 + mgz + pV    kg m 2 s 2

Der Quotient Energie durch Masse ist das Potential.

Φ   =   v 2 2   +   g z   +   p ρ    m 2 s 2
Φ:Potential
ρ:Dichte

Bei Division der Gleichung durch die Erdbeschleunigung g bekommt die Bernoulli-Gleichung die Dimension einer Länge.

h = v 2 2 g   +   z   +   p ρ g    [ m ]
h:Energiehöhe
v2/2g:Geschwindigkeitshöhe
h:Positionshöhe
p/ρg:Druckhöhe

Das Produkt ρg wird auch als Wichte γ bezeichnet. Die Positionshöhe plus der Druckhöhe liegt dort, wo das Wasser in einer Grundwassermessstelle frei ausspiegelt.

Abb. 1: Grundwasserhöhe in einem gespannten Grundwasserleiter.

Für die Grundwasserbewegung kann der kinetische Anteil vernachlässigt werden, so dass in der Hydrogeologie allgemein die Grundwasserhöhe

h = z + p ρg

verwendet wird. Anschaulich wird die Bedeutung dieser Formel am Beispiel eines Standrohrs (Abb. 1). Die Höhe, an der das Grundwasser im Standrohr ausspiegelt, wird als Standrohrspiegelhöhe bezeichnet. Sie gilt nur für die Stelle am Ende des Standrohrs. Liegen zusätzlich auch vertikale Strömungskomponenten vor, ändern sich die Grundwasserhöhen entlang des Standrohrs.

Die Verbindung der Standrohrspiegelhöhen wird als Drucklinie oder Druckfläche bezeichnet. (Diese Bezeichnung wäre physikalisch nur dann korrekt, wenn die Grundwasserhöhe von der Sohle des Aquifers gerechnet und die Positionshöhe z gleich Null ist.). Das Bezugsniveau für die Grundwasserhöhe ist der Amsterdamer Pegel (NN=Normal Null).

 

Beispiel 1: Bernoulli-Röhre

Aus einem Hochbehälter mit freier Wasseroberfläche strömt Wasser durch eine Röhre mit unterschiedlichen Querschnittsflächen Ai. Bei 7 verlässt das Wasser die Rohrleitung (Abb. 2).

Gegeben:Querschnittsflächen des Rohres:
A2 = A3 = A4 = A6 = 200 cm2
A5 = 80 cm2
A7= 100 cm2
Gesucht: Strömungsgeschwindigkeiten
Energielinie
Drucklinie

Abb. 2: Hochbehälter mit Rohrleitungssystem.

Durchflussmenge, Q

An der Stelle 1 sind die Druckhöhe und die Geschwindigkeitshöhe Null, die Positionshöhe ist bekannt, sie beträgt 10 m und entspricht damit der Energiehöhe H. Bei Stelle 7 verlässt das Wasser die Rohrleitung, der Druck fällt hier auf Null ab, die Positionshöhe beträgt 1 m, die Geschwindigkeit v7 ist gesucht, sie lässt sich anhand der Bernoulli-Gleichung berechnen:

H 7 = H 7 H 7 = h 7 + v 7 2 2 g

Auflösen nach v7 :

v 7 = 2 g ( H h 7 ) = 13,2    m s

Die übrigen Strömungsgeschwindigkeiten werden anhand der Kontinuitätsbedingung berechnet:

Q = v 1 A 1 = v 2 A 2 = v 3 A 3 = =  const. v 2 A 2 = v 7 A 7 v 2 = v 7 A 7 A 2 = 6,65    m s v 3 = v 4 = v 6 = 6,65    m s v 5 = 16,625    m s

Energielinie

Da bei einer reibungsfrei strömenden Flüssigkeit keine Energie verloren geht, ist die Energiehöhe konstant. Sie beträgt entlang der gesamten Röhre H = 10 m.

Drucklinie

Die Druckhöhen lassen sich mit der Bernoulli-Gleichung anahnd der Differenz der Energiehöhe und der jeweiligen Geschwindigkeitshöhe berechnen:

h = z + p ρg = H v 2 2 g

h1 = 10 m
h2 = h3 = h4 = h6 = 7,75 m
h5 = – 4,1 m

Bemerkenswert ist hier die negative Druckhöhe bei Stelle 5. Dort ist der Rohrquerschnitt am engsten und die Strömungsgeschwindigkeit am höchsten. Dies entspricht dem Prinzip der Wasserstrahlpumpe, wo durch Verengung des Querschnitts die Geschwindigkeit so stark erhöht wird, dass ein negativer Druck und damit eine Saugwirkung erzielt wird.

 

Beispiel 2: Venturi-Röhre

Mit der Venturi-Röhre werden die Fließgeschwindigkeiten in einem Fluss ermittelt (Abb. 3). Dazu reicht es aus, nur die Differenz der Standrohrspiegelhöhen an zwei Stellen mit unterschiedlichen Querschnitten zu messen.

Gegeben:A1 = 1 m2
A1 = 0,5 m2
Δh = 4 m
Gesucht:Eintrittsgeschwindigkeit, v1
Durchflussmenge, Q
Drucklinie
Wo ist die Geschwindigkeitshöhe am größten?

Abb. 3: Schnitt durch eine Venturi-Röhre.

Eintrittsgeschwindigkeit, v

Bernoulli-Gleichung:

v 1 2 2 g + h 1 = v 2 2 2 g + h 2

Kontinuitätsbedingung:

v 1 + A 1 = v 2 + A 2

Die Gleichungen werden nach v1 aufgelöst:

v 1 2 + 2 g h 1 = v 2 2 + 2 g h 2 v 1 2 + 2 g h 1 = v 1 2 ( A 1 A 2 ) 2 + 2 g h 2 v 1 2 [ v 1 2 ( A 1 A 2 ) 2 ] = v 1 2 [ 1 ( A 1 A 2 ) 2 ] = 2 g ( h 2 h 1 ) = 2 gΔh v 1 = 2 gΔh ( A 1 A 2 ) 2 1 = 5,1    m s

Durchflussmenge, Q

Die Durchflussmenge berechnet sich anhand der Kontinuitätsbedingung:

Q = v 1 A 1 = 5,1 1 = 5,1    m 3 s

Drucklinie

Die Druckhöhe ist bereits an der Stelle 1 und 2 als Standrohrspiegelhöhe eingezeichnet. Die Drucklinie kann manuell entsprechend der Veränderung des Querschnittes eingezeichnet werden.

Die Verbindungslinie zwischen den beiden Standrohrspiegelhöhen folgt dem Verlauf der Querschnittsveränderung.

Wo ist die Geschwindigkeitshöhe am größten?

Anhand der Energiehöhe: Die Energiehöhe ist konstant. Sie ist die Summe aus Geschwindigkeitshöhe und Druckhöhe. An der Stelle 2, wo die Druckhöhe am geringsten ist, ist demnach die Geschwindigkeitshöhe am größten.

Anhand der Geschwindigkeit: Die Geschwindigkeit ist im verengten Querschnitt aufgrund der Kontinuitätsbedingung am größten, somit ist auch dort die Geschwindigkeitshöhe am größten.