Gespannter Aquifer (Theis 1935)

Die Modellfunktion nach Theis beschreibt mathematisch exakt die instationäre Strömung in einem gespannten Aquifer:

s ( r , t ) = Q 4 πT   u   e x x dx = Q 4 πT W ( u ) mit  u = r 2 S 4 tT

Das Integral W(u) kann nicht analytisch gelöst werden und wird allgemein durch eine Reihe ersetzt (Kapitel „Gespannter Aquifer“). Häufig ist es auch möglich, Integrale, die analytisch nicht gelöst werden können, durch rationale Funktionen zu approximieren (Abramowitz & Stegun 1970). So kann W(u) durch folgende rationale Funktion substituiert werden, wobei der Fehler weniger als 2·10-7 beträgt:

für 0 < u ≤ 1:    W ( u ) = a 0 u 0 + a 1 u 1 + a 2 u 2 + a 3 u 3 + a 4 u 4 + a 5 u 5 ln  u
a0 =–0,57721566a3 =0,05519968
a1 =0,99999193a4 =–0,00976004
a2 =–0,24991055a5 =0,00107857
für 1 < u ≤ ∞:    W ( u ) = u 4 + b 1 u 3 + b 2 u 2 + b 3 u + b 4 u 4 + c 1 u 3 + c 2 u 2 + c 3 u + c 4 1 ue u
b1 =8,5733287401c1 =9,57332234545
b2 =18,0590169730c2 =25,6329561486
b3 =8,6347608925c3 =21,0996530827
b4 =0,2677737343c4 =3,9584969228

Mit dieser Formel kann W(u) für verschiedene u berechnet und tabellarisch zusammengefasst werden (Tab. 1), so dass beispielsweise die Absenkung (direkte Fragestellung) leicht berechnet werden kann.

Tab. 1: Well-Function , W(u) der Theis-Funktion

uW(u)uW(u)uW(u)uW(u)
1,0 · 10-613,241,0 · 10-48,631,0 · 10-24,041,0 · 1002,19 · 10-1
1,26 · 10-613,011,26 · 10-48,401,26 · 10-23,811,26 · 1001,44 · 10-1
1,59 · 10-612,781,59 · 10-48,171,59 · 10-23,581,59 · 1008,82 · 10-2
2,00 · 10-612,552,00 · 10-47,942,00 · 10-23,362,00 · 1004,92 · 10-2
2,51 · 10-612,322,51 · 10-47,712,51 · 10-23,132,51 · 1002,45 · 10-2
3,16 · 10-612,093,16 · 10-47,483,16 · 10-22,913,16 · 1001,07 · 10-2
3,98 · 10-611,863,98 · 10-47,253,98 · 10-22,693,98 · 1003,87 · 10-3
5,01 · 10-611,635,01 · 10-47,025,01 · 10-22,475,01 · 1001,13 · 10-3
6,31 · 10-611,406,31 · 10-46,796,31 · 10-22,256,31 · 1002,53 · 10-4
7,94 · 10-611,177,94 · 10-46,567,94 · 10-22,037,94 · 1004,01 · 10-5
1,0 · 10-510,941,0 · 10-36,321,0 · 10-11,821,0 · 1014,16 · 10-6
1,26 · 10-510,711,26 · 10-36,101,26 · 10-11,621,26 · 1012,52 · 10-7
1,59 · 10-510,481,59 · 10-35,871,59 · 10-11,421,59 · 1017,79 · 10-9
2,00 · 10-510,242,00 · 10-35,642,00 · 10-11,232,00 · 1011,0 · 10-10
2,51 · 10-510,012,51 · 10-35,412,51 · 10-11,042,51 · 1014,7 · 10-13
3,16 · 10-59,783,16 · 10-35,183,16 · 10-18,67 · 10-13,16 · 1015,7 · 10-16
3,98 · 10-59,553,98 · 10-34,953,98 · 10-17,06 · 10-13,98 · 1011,3 · 10-19
5,01 · 10-59,325,01 · 10-34,725,01 · 10-15,58 · 10-15,01 · 1013,3 · 10-24
6,31 · 10-59,096,31 · 10-34,506,31 · 10-14,27 · 10-16,31 · 1016,2 · 10-30
7,94 · 10-58,867,94 · 10-34,277,94 · 10-13,14 · 10-17,94 · 1014,0 · 10-37

Wesentlich aufwendiger ist dagegen die inverse Fragestellung. Die Parameter T und S werden entweder mathematisch durch eine nichtlineare Inversionsrechnung bestimmt oder graphisch anhand von Standardkurven.

Nichtlineare Inversionsrechnung

Die Bestimmung der Parameter erfolgt durch eine Inversionsrechnung. Das Prinzip der linearen Inversion wurde bereits im Kapitel „Stationär“ anhand der Cooper-Jacob-Funktion erläutert und für wenige Messwerte durchgeführt. Hier wird entsprechend der nichtlinearen Modellfunkton nach Theis eine nichtlineare Inversionsrechnung angewendet.

Es wird gefordert, dass im Minimum (minimale Abweichung zwischen gemessener und theoretischer Absenkung) die Ableitungen Null sind. Da jedoch die partiellen Ableitungen der Theis-Funktion

ds dS = - Q 4 πTS   e u ds dS = Q 4 πT 2   [ e u u   e x x dx ]

von den Parametern T und S abhängen, können die Ableitungen nicht explizit berechnet werden. Eine direkte Lösung wie bei der linearen Inversion ist somit nicht möglich.

Es werden daher itera­tive Verfahren angewendet, bei denen vorgegebene Start­parameter sukzessiv verbessert werden, bis je nach Abbruch­kriterium keine Verbes­ser­ung mehr zu erwarten ist.

Es gibt keine eindeutige Lösung: Bei linearen Gleichungen ist die notwendige Bedingung, dass die Ableitungen im Minimum Null sind, gleichzeitig auch hinreichend. Dagegen können bei nichtlinearen Gleichungen prinzipiell auch mehrere lokale Minima existieren, wobei nur das globale Minimum auch die bestangepassten Parameter liefert.

Die Problematik ist vergleichbar mit einem Bergsteiger, der im Nebel das Tal sucht. Es gibt grundsätzlich zwei Möglich­keiten. Zum einen kann der Weg des steilsten Gradienten verfolgt wer­den (Gradienten­verfahren), und zum anderen kann die Modellfunktion näherungsweise durch eine lineare Gleichung approximiert werden (Taylor-Verfahren). Eine dritte Möglichkeit kombiniert beide Verfahren (Marquardt-Verfahren).

Mit dem Gradientenverfahren wird ausge­hend von einem Startwert der Weg des steilsten Abstiegs verfolgt. Diese Methode führt prinzipiell immer zum Minimum. Aller­dings kann die Anzahl der benötigten Iterationsschritte sehr hoch sein. Vor allem im Bereich des Minimums, wo ein sehr ge­ringer Gradient vorliegt, werden besonders viele Itera­tionsschritte für eine geringe Verbesserung benötigt. Bei einer langen talförmi­gen Ausbildung des Minimums ist es auch möglich, dass bei jedem Schritt die Talseite gewechselt wird, ohne dass sich die Distanz zum Minimum bedeutend verringert.

Das Taylor-Verfahren ist nach der Taylorentwicklung benannt, mit der nichtlineare Funktionen li­nearisiert werden. Mit dieser linearisierten Näherungsfunktion wird versucht, das Minimum direkt zu berechnen. Da jedoch diese Funktion nur eine Näherung ist, liegen die berechneten Parameter allgemein nicht im Minimum. Je größer die Entfernung zum Minimum, desto größer ist auch der Fehler der Linearisierung, so dass teilweise die Abweichungen so groß sein können, dass keine Konvergenz erreicht wird. Dagegen ist das Verfahren im Bereich des Minimums sehr effektiv.

Beide Minimierungsverfahren sind jeweils mit Vor- und Nachteilen behaftet: Zu Beginn der Inversionsrechnung, wenn die Parameter noch erheblich vom Minimum entfernt liegen, ist das Gradientenverfahren von Vorteil, da es stabil ist und kontinu­ier­lich eine Verbesserung der Anpassung erzielt wird, wobei allerdings sehr viele Iterationsschritte benötigt werden. Wenn die Parameter schon gut angepasst sind, ist das Taylorverfahren von Vorteil, da es nur wenige Iterationsschritte benötigt. Es kann allerdings aufgrund numerischer Instabilität nur im Bereich des Minimums angewendet werden.

Das Marquardt-Verfahren kombiniert die Vorteile beider Verfah­ren. Es wendet bevorzugt das Taylor-Verfahren an, um möglichst wenige Iterationsschritte zu benötigen und es wichtet gegebenenfalls mehr das Gradientenverfahren, wenn mit dem Taylor-Vverfahren keine Verbesserung erzielt werden kann.

Zunächst wird das Taylor­verfahren angewandt. Sollte keine Verbesserung der Parameter erzielt worden sein, wird zunehmend mehr das Gradientenverfahren gewichtet, bis eine Verbesserung erreicht wird. Letztend­lich bewirkt die ausschließliche Anwendung des Gradi­entenverfahrens immer eine Verbesserung. Zu Beginn des nächsten Iterationsschrittes wird wie­der das Taylorverfahren mehr gewichtet.

Abb. 1: Iterationswege bei einer nichtlinearen Inversionsrechnung.

Graphische Auswertung

Die graphische Auswertung für nichtlineare Modellfunktionen erfolgt anhand von Standardkurven. Dazu werden die Messwerte doppellogarithmisch aufgetragen. Am Beispiel der Theis-Funktion

Fortsetzung folgt …