Halbgespannter Aquifer (Hantush 1955)

Im Vergleich zur Theis-Funktion berücksichtigt die Hantush-Funktion zusätzlich eine hangende (oder auch liegende) Schicht, die im Vergleich zum Aquifer eine um rund zwei bis vier 10-er Potenzen geringere Durchlässigkeit aufweist und die als Aquitarde bezeichnet wird.

Liegen im Aquifer und in der Aquitarde unterschiedliche Grundwasserhöhen vor, wie das bei einem Pumpversuch der Fall ist, kommt es zu einem vertikal gerichteten Grundwasserstrom, der als Leakage bezeichnet wird. Die Leakagerate ist proportional zur Differenz der Grundwasserhöhen im Aquifer und in der Aquitarde. Die gleiche hydraulische Wirkungsweise wie eine Aquitarde kann auch die Kolmation eines Oberflächengewässers (Fluss, Baggersee, Stausee) aufweisen.

Leakage durch eine Aquitarde

Aquifere werden im allgemeinen durch Aquitarden (Geringleiter) getrennt. Das Grundwasser im Aquifer ist in diesem Fall halbgespannt und für die Auswertung eines Pumpversuches wird die Modellfunktion nach Hantush angewendet:

s ( r , t ) = Q 4 πT   u   1 x exp   ( x r 2 4 B 2 x )   dx mit  u = r 2 S 4 tT

Die Durchlässigkeit der Aquitarde wird durch den Leakagefaktor B beschrieben, wobei die Transmissivität des Aquifers mit eingeht.

B = T M ' k f ' = T L
B:Leakagefaktor [m]
T:Transmissivität des Aquifers
M':ächtigkeit der Aquitarde
kf':Durchlässigkeitsbeiwert der Aquitarde
L:Leakagekoeffizient [1/s]

Stei­gende Werte von B bedeuten eine Abnahme der Durch­lässigkeit in der Aquitarde. Für B → ∞ ergibt sich wieder die Theis-Funktion (gespannter Aquifer). Die Durch­lässig­keit der hangenden Schicht ist in diesem Fall Null. All­gemein liegen die Werte für B zwischen 100 und 10000 m.

Auf eine Absenkung im Aquifer reagiert das Grundwasser in der Aquitarde mit einer zeitlichen Verzögerung, so dass sich eine vertikale Grundwasserhöhen-Differenz h'‑h bildet. Proportional zu dieser Differenz, die in Brunnennähe am größten ist, kommt es zu einem vertikal gerichteten Leakage (Abb. 1).

Abb. 1: Ungespannter und halbgespannter Aquifer, die durch eine Aquitarde getrennt sind.

Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist die Zustromrate genauso groß wie die Entnahmerate im Förderbrunnen. In diesem Fall wird eine weitere Absenkung durch den vertikalen Grundwasserzustrom kompensiert und es stellt sich eine stationärer Strömung ein.

Leakage aus Oberflächengewässern

Auf der Sohle von Oberflächengewässen bildet sich häufig eine Kolmationsschicht aus, die im Vergleich zum Aquifer eine geringere Durchlässigkeit aufweist. Ein Maß für die Durchlässigkeit ist der Leakagekoeffizient:

L = k f ' M ' = T B 2 1 s

Realistische Werte liegen zwischen L = 1·10-4 bis 1·10-6 1/s. Mit dem Leakagekoeffizienten wird die ex- und infltrierende Grundwassermenge quantifiziert werden:

Q = L F ( h ' h )
Q:in- oder exfiltrierende Grundwassermenge (Leakage)
F:Sohlfläche des Oberflächengewässers
h:Grundwasserhöhe im (halbgespannten) Aquifer
h':Grundwasserhöhe in der Aquitarde (hier auch Vorfluthöhe)

Ist der Grundwasserstand h höher als die Vorfluthöhe h', exfiltriert das Grundwasser in das Oberflächengewässer (Abb. 2, oben). Umgekehrt kommt es zur Infiltration in den Grundwasserleiter (Abb. 2, mitte). Liegt die Grundwasseroberfläche unterhalb des Vorflutersohle, wird als Differenz h'-h maximal die Differenz Vorfluthöhe-Sohlhöhe verwendet werden (Abb. 2, unten).

Abb. 2: Leakage durch die kolmatierte Sohlfläche eines Oberflächengewässers.

Graphische Auswertung anhand von Typkurven

Da mit einer einzigen Typkurve nur zwei Parameter bestimmt werden können, wird hier eine Schar von Typkurven verwendet, wobei der Parameter r/B variiert wird. T und S werden wie bei der Auswertung nach Theis bestimmt, und B kann direkt von der gewählten Typkurve abgelesen werden.

Fortsetzung folgt …