Kluftaquifer (Bourdet-Gringarten 1980)

Die bisher erläuterten Modellfunktionen setzen einen homogenen Aquifer voraus. In diesem Kapitel wird die Auswertung für Kluftaquifere erläutert. Der Aquifer setzt sich aus Klüften und einer Matrix zusammen und ist somit heterogen aufgebaut. Die Strömung ist nach wie vor laminar, das Grundwasser gespannt. Es sind genügend gleichmäßig verteilte Klüfte vorhanden. Ein beliebig kleines Volumen repräsentiert sowohl das Kluftsystem als auch die Matrix. Der Grundwasserkörper ist über vernetzte Hohlräume zusammenhängend wasserwegsam (engl.: interporosity flow).

Zwei Kluftsysteme werden unterschieden (Abb. 1): Ein orthogonales Kluftnetz (z.B. in Granite) und horizontale Klüfte (z.B. Schichtfugen).

Abb. 1: Kluftsysteme.

Doppelte Porosität

Der Aquifer ist aus Klüften und Matrix zusammengesetzt. Die Durchlässigkeit der Matrix ist wesentlich geringer als die der Küfte und kann somit vernachlässigt werden. Der Speicherkoeffizient der Matrix ist höher, so dass die Matrix im Vergleich zu den Klüften verzögert entleert wird.

Matrix: geringe Durchlässigkeit, hoher Speicherkoeffizient;

Klüfte: hohe Durchlässigkeit, geringer Speicherkoeffizient.

Zwei unterschiedliche Speicherkoeffizienten beeinflussen die Strömung. Diese spezielle Eigenschaft eines Kluftaquifers wird als doppelte Porosität bezeichnet.

Bei einem Pumpversuch strömt zunächst das Grundwasser nur aus den Klüften zum Brunnen. Erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt auch eine Entleerung der Matrix, so dass sich eine Strömung aus der Matrix in die Klüfte und von dort zum Brunnen einstellt. Während des Übergangs ist die Strömung pseudostationär. Die Absenkung lässt sich analog zum halbfreien Aquifer in drei Phasen gliedern:

Phase 1: Tf, Sf: Entleerung der Klüfte;

Phase 2: Tf: Pseudostationärer Zustand;

Phase 3: Tf, Sf, Sm: Strömung von der Matrix in die Klüfte und gemeinsame Entleerung der Klüfte und Matrix.

Die Phasen 1 und 2 werden nur im näheren Umfeld des Brunnens beobachtet. Für größere Entfernungen verhalten sich Klüfte und Matrix wie ein homogener Aquifer.

Die analytischen Lösungen für einen Pumpversuch in einem Kluftaquifer sind im wesentlichen identisch. Im folgenden wird ein universell anwendbares Verfahren erläutert.

Modellfunktion nach Bourdet-Gringarten

Für gleichförmig geklüftete Aquifere mit einer doppelten Porosität gilt folgende Lösung (Bourdet-Gringarten 1980):

s = Q 4 πT f W ( u*, λ, ω ) u* = t T f ( S f + β S m ) r 2 λ = α r 2 K m K f ω = S f S f + βS m

Orthogonales Kluftnetz:

α = 4 n ( n + 2 ) l 2     β = 1 3

Horizontale Klüfte:

α = 12 M m 2       β = 1
T:effektive Transmissivität, T = T f ( x ) T f ( y )
f:Index für „fracture“
m:Index für „matrix“
α:Geometriefaktor der Klüfte und Matrix
β:Faktor, der die Kluftanordnung beschreibt, für Phase 1 gilt β = 0
n:Anzahl der Klüfte
l:charakteristische Dimension eines Matrix-Blocks
Mm:Mächtigkeit eines Matrix-Blocks

λ: Koeffizient, der beschreibt, wann der pseudostationäre Zustand einsetzt (engl.: interporosity flow coefficient). Für λ > 1,78 ist eine Auswertung der ersten Phase nicht möglich, es können nur Tf, Sf + βSm bestimmt werden.

ω: Verhältnis von Sf zu Sf + βSm. Damit überhaupt ein pseudostationärer Zustand eintreten kann, muss ω = 1 sein. Ist dagegen ω sehr klein, dann tritt die dritte Phase erst sehr spät ein und kann praktisch nicht ausgewertet werden, so dass nur Tf, Sf bestimmt werden können.

Fortsetzung folgt …