Stufenpumpversuch und Wiederanstieg
Häufig werden die Entnahmeraten stufenweise erhöht. Anschließend wird nach Abstellen der Pumpe der Wiederanstieg gemessen. Hinsichtlich der Auswertung müssen somit variable Entnahmemengen berücksichtigt werden, wobei beim Wiederanstieg die Entnahmerate gleich Null ist.
Eine geschlossene Lösung gibt es nicht. Es ist jedoch möglich, einen Pumpversuch in einzelne imaginäre Pumpversuche mit jeweils konstanter Entnahme aufzuteilen. Diese können nach dem Superpositionsprinzip überlagert werden, so dass die Summe der einzelnen Pumpversuche dem wirklichen Pumpversuch entspricht.
t1 | : | Zeit seit Beginn der 1. Pumpstufe |
t2 | : | Zeit seit Beginn der 2. Pumpstufe |
t3 | : | Zeit seit Beginn der 3. Pumpstufe |
In Abb. 1 wird dieses Prinzip erläutert. In einem gespannten Aquifer wurde ein dreistufiger Pumpversuch mit folgenden Entnahmemengen durchgeführt (mittlere Graphik):
Q1 = | 20 ℓ/s | (von | 0 | bis 1000 s) |
Q2 = | 50 ℓ/s | (von | 1000 | bis 2000 s) |
Q3 = | 60 ℓ/s | (von | 2000 | bis 3000 s) |
Q4 = | 0 ℓ/s | (von | 3000 | bis 6000 s) |
Die gemessenen und berechneten Absenkungen für r = 10 m sind in der oberen Graphik aufgetragen. Die Transmissivität beträgt T = 5·10-3 m2/s und der Speicherkoeffizient S = 1·10-4. In der unteren Graphik ist dargestellt, wie der Pumpversuch in vier einzelne imaginäre Pumpversuche unterteilt wurde, deren Addition gleich der wirklichen Entnahmerate sind.

Abb. 1: Superpositionsprinzip bei Vorgabe variabler Entnahmeraten.
Imaginäre Pumpversuche:
Qa = Q1 (t1) | = | 20 ℓ/s |
Qb = Q2 (t2) – Q1 (t2) | = | 30 ℓ/s |
Qc = Q3 (t3) – Q2 (t3) | = | 10 ℓ/s |
Qd = Q4 (t4) – Q3 (t4) | = | – 60 ℓ/s |
Realer Pumpversuch:
Q(t) = Qa t1 + Qb t2 + Qc t3 + Qd t4
Wiederanstieg
Beim Wiederanstieg handelt es sich nicht um einen gewöhnlichen Pumpversuch mit umgekehrten Vorzeichen, sondern um eine Überlagerung von mindestens zwei imaginären Pumpversuchen. Deutlich wird die Überlagerung in Abb. 2, wo die Absenkungen für jede volle Stunde seit Pumpbeginn nach Theis berechnet und als s→r aufgetragen wurde. Nach dem Abstellen der Pumpe senkt sich in größerer Entfernung weiterhin der Absenkungstrichter, während in Brunnennähe das Grundwasser wieder ansteigt.

Abb. 2: Wiederanstieg nach Abstellen der Pumpe.
Schwankungen der Entnahmeraten während der Absenkphase beeinflussen den Wiederanstieg nur geringfügig. Die ermittelten Parameter weisen allerdings eine geringere Güte auf. Der Speicherkoeffizient ist überhaupt nur für u > 0,02 sensitiv und kann daher mit der Näherungslösung nicht berechnet werden.
Isolinien gleicher Varianzen
Die Sensitivität der Parameter wird anhand der Abb. 3 erläutert. Dazu wurden die Varianzen (Summe der Abweichungsquadrate) anhand der Modellfunktion nach Theis berechnet und in Form von Isolinien in Abhängigkeit von S und T aufgetragen. Das Minimum gibt diejenige Parameterkombination wieder, für die das Modell am besten angepasst ist.

Abb. 3: Vergleich der Varianzen für die Absenkungsphase (oben) und für den Wiederanstieg (unten).
Der unregelmäßige Verlauf der Isolinien verdeutlicht die Nichtlinearität der Modellfunktion. Bei linearen Modellfunktionen wären die Isolinien elliptisch.
Das Minimum ist parallel zur Speicherkoeffizienten-Achse gestreckt. Das heißt, der Speicherkoeffizient kann im Vergleich zur Transmissivität nur mit einer geringeren Genauigkeit bestimmt werden.
Im Vergleich zur Absenkungsphase (obere Graphik) ist beim Wiederanstieg (untere Graphik) das Minimum wesentlich flacher ausgebildet. Das heißt, es wird beim Wiederanstieg eine geringere Genauigkeit erzielt. Die Parameter können variiert werden, ohne dass sich die Anpassung wesentlich verschlechtert.
Insgesamt ist die Auswertung der Absenkungsphase immer der Auswertung des Wiederanstiegs vorzuziehen.
Graphische Auswertung unter Berücksichtigung von Randbedingungen
Ist die Entnahmerate bis zum Abstellen der Pumpe konstant, kann ausschließlich der Wiederanstieg graphisch ausgewertet werden. Die Lösung basiert auf die Modellfunktion nach Cooper-Jacob:
Der reale Pumpversuch mit zwei unterschiedlichen Entnahmeraten
wird in zwei imaginäre Pumpversuche Qa (t1) und Qb (t2) zerlegt
Die Absenkungen für diese Entnahmeraten werden addiert (Superpositionsprinzip):
t1 | : | Zeit seit Pumpbeginn |
t2 | : | Zeit seit Pumpstopp |
Da s~lg t2/t1 ist, werden die Messwerte als s→lg t2/t1 aufgetragen und durch eine lineare Regression interpoliert. Für t2/t1=10 wird s abgelesen und in die Formel eingesetzt:
In Abb. 4 sind Wiederanstiegs-Kurven als s→lg t2/t1 aufgetragen. Die mittlere Kurve wurde nach Theis berechnet (keine Zuflüsse). Die Kurve verläuft in Form einer Geraden, die sich erst für t2→0 der maximalen Absenkung (zur Zeit des Pumpstopps) asymptotisch nähert.

Abb. 4: Wiederanstieg für T=5·10 m/s, Q=0,02 m2/s, r=20 m und Pumpstopp nach 3000 s.
Häufig wird der Pumpversuch durch Zuflüsse überlagert. Diese bewirken, dass die Kurve nach rechts verschoben wird, wobei die Linearität nur noch näherungsweise gewährleistet ist. Hierzu wurde der theoretische Wiederanstieg auch nach Stallman mit aufgetragen. Eine Regressionsgerade würde die x-Achse für t1/t2 ≠ 1 schneiden. In diesem Fall müssen die Randbedingungen „eleminiert“ werden, indem die Regressionsgerade parallel zur x-Achse verschoben wird, so dass sie durch t1/t2 = 1 für s = 0 geht.
In der Literatur wird die Verschiebung der Regressionsgeraden nach rechts mit t1/t2 > 1 für s = 0 auch durch eine Änderung des Speicherkoeffizienten erklärt (irreversible Kompression des Korngerüstes). Eine Änderung des Speicherkoeffizienten würde sich jedoch nur für t2 → 0 auswirken. Für die übrigen Messwerte ist u < 0,02, so dass die Absenkung während des Wiederanstiegs unabhängig vom Speicherkoeffzient ist.
Graphische Auswertung nach Jacob-Theis
Der Wiederanstieg kann auch unabhängig von möglichen Randbedingungen ausgewertet werden. Dazu wird nach Jacob-Theis die Transmissivität ausschließlich anhand der Steigung der Regressionsgeraden bestimmt:
Die Herleitung und Anwendung dieses Verfahrens verläuft analog zur graphischen Auswertung nach Dupuit-Thiem (Kapitel „Stationär“) oder Cooper-Jacob (Kapitel „Gespannter Aquifer“).
Beispiel
Fortsetzung folgt …